Gestalter*innen der Zukunft: MINT-Fächer entdecken und souverän mit digitalen Medien umgehen

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Das Ada-Lovelace-Projekt ist das rheinland-pfälzische Kompetenzzentrum für Frauen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Seit einem Vierteljahrhundert macht sich das Projekt stark für eine erfolgreiche, wirkungsvolle und nachhaltige Förderung von Mädchen und Frauen in den MINT-Bereichen. Davon zeugen die zahlreichen und vielfältigen Partner*innen, mit denen das Projekt seit vielen Jahren sehr eng zusammenarbeitet und verbunden ist: Schulen, Hochschulen und Universitäten des Landes, regionale Unternehmen, landes- und bundesweite Initiativen und die Landes- und Kommunalpolitik.

Das Ziel seit mehr als 25 Jahren ist, Mädchen und jungen Frauen eine klischeefreie Studien- und Berufswahl zu ermöglichen und sie zu ermutigen, aktiv ihre Interessen und Talente zu entdecken. Das Projekt leistet damit einen wichtigen Beitrag zu mehr Gleichstellung, Chancengerechtigkeit und Innovation. Im Mittelpunkt steht dabei immer das Mentoring-Prinzip: Den jungen Frauen werden gleichgesinnte Mentorinnen zur Seite gestellt, die ihnen als Vorbilder dienen. Studentinnen aus MINT-Studiengängen oder Auszubildende technischer Berufe informieren über sich, ihren Studiengang oder Ausbildungsberuf und dienen den Schülerinnen als motivierendes Vorbild. Sie laden die Mädchen und jungen Frauen an die Hochschulen und Universitäten und in ihre Betriebe ein, wo sie ihnen auf ansprechende Weise MINT-Themen näher bringen. Und nicht wenige bleiben dem Ada-Lovelace-Projekt auf diesem Weg verbunden – als Teilnehmerin, Mentorin, Alumna und schließlich erfolgreiche MINT-Frau. Sie alle tragen das Erbe von Ada Lovelace mit unserem Motto in die Welt: Was ich will, das kann ich!

Das Ada-Lovelace-Projekt bietet landesweit sehr viele, sehr unterschiedliche Angebote in den vier MINT-Bereichen an, aus denen die Schülerinnen, Studentinnen und Absolventinnen wählen können. Am Projektstandort Universität Koblenz liegt aufgrund der sehr engen Kooperation und Partnerschaft mit der Roberta-Initiative des Fraunhofer Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS und vor allem aufgrund des großen Informatikfachbereichs an der Universität selbst, ein zentraler und wichtiger Schwerpunkt auf dem „I“ (=Informatik) im MINT-Spektrum. Daher bietet das Ada-Lovelace-Projekt an der Universität Koblenz seit nun mehr als 20 Jahren vielfältige Coding- und Programmierworkshops für Mädchen und junge Frauen ab der Grundschule an.

Warum eine besondere Förderung von Mädchen und Frauen wichtig ist

Jungen haben bereits beim Übertritt in die weiterführende Schule in der Mathematik einen Leistungsvorsprung von 30 Punkten gegenüber den Mädchen. In der Oberstufe steigt dieser auf 50 Punkte an. In den computerbezogenen Kompetenzen gibt es beim Übertritt keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern, erst mit Eintritt in die Oberstufe beträgt der Leistungsvorsprung der Jungen 30 Punkte. Dies scheint vor allem an der geschlechterstereotypen Wahl der Leistungskurse zu liegen, die die Unterschiede weiter festigt und einer späteren MINT-Berufs- bzw. Studienwahl im Wege steht (vgl. MINT-Nachwuchsbarometer 2022).

Unsere Erfahrungen in unserem Projektalltag, aber auch Studienergebnisse zeigen, dass gerade der Einsatz zwischen der 5. und 9. Klasse besonders wichtig ist, denn nachgewiesenermaßen sinkt gerade in dieser Altersspanne das Interesse an MINT-Themen und das Selbstvertrauen in die eigene MINT-Kompetenz. Die ohnehin schon großen Genderunterschiede verfestigen sich in diesem Zeitraum noch einmal. Erschwerend wirkt sich die sehr unterschiedliche Förderung des Technikinteresses von Mädchen und Jungen aus, die die Genderasymmetrie bei der Wahl technischer Berufe bereits früh zementiert (vgl. MINT-Nachwuchsbarometer 2015).

Auch die Sekundarstufe II ist immens wichtig, denn diese stellt die Weichen für die spätere berufliche Karriere. Die Wahl des Leistungskurses hat sehr oft Auswirkungen auf die Wahl des Studienfachs. Wenn sich die Schülerinnen in der Oberstufe für ein MINT-Fach entscheiden, werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Beruf im MINT-Bereich in Erwägung ziehen (vgl. MINT-Nachwuchsbarometer 2022). Schülerinnen, die an diesem Punkt kein MINT-Fach wählen, werden sich auch höchstwahrscheinlich nicht mehr für einen entsprechenden beruflichen Weg motivieren lassen.

Zudem erfolgen in der Regel sogenannte „negative Selbstattributionen“ seitens der Mädchen, so dass sie im MINT-Bereich kein oder nur ein eingeschränktes Selbstbewusstsein ob ihrer Fähigkeiten entwickeln. Dies führt häufig dazu, dass stereotype Genderbilder die Berufs- und Studienwahl so stark beeinflussen, dass MINT-Berufe und -Studiengänge, die in der Regel lukrativere Arbeitsverhältnisse und bessere Aufstiegschancen bieten, als reine Männerdomänen aufgefasst und daher nicht in Betracht gezogen werden.

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Mentorinnen des RobertaLab, einer Veranstaltungsreihe zur digitalen Bildung, die vom Ada-Lovelace-Projekt organisiert wird. © Stephanie Justrie – Universität Koblenz

Das Konzept des Ada-Lovelace-Projekts: Vorbilder und Praxiserfahrung

Hier wollen wir ansetzen und mit unserem Projekt Mädchen und junge Frauen empowern. Neben dem Mentoring-Prinzip ist die Praxiserfahrung ein ganz wesentlicher Ansatz im Ada-Lovelace-Projekt. Das Hands-on-Prinzip zeigt den Teilnehmerinnen, was mit MINT alles möglich ist, ermöglicht schnelle Erfolge und baut so mögliche Vorurteile und Hemmschwellen ab. MINT-Themen werden im wahrsten Sinne des Wortes greifbar und erlebbar. Es wird gemeinsam in kleinen Teams und ohne Druck gearbeitet. Hier wird miteinander diskutiert, nach Lösungen gesucht, getüftelt, konstruiert und programmiert. Die Veranstaltungsformate sind vielfältig und finden sowohl im schulischen und als auch im außerschulischen Kontext, wie z. B. Feriencamps, schulischen Arbeitsgemeinschaften oder außerschulischen Projekten, statt.

Programmieren ist die Zukunft

Digitale Medien (Smartphones, Tablets, Apps etc.) begleiten – seit der Pandemie noch sehr viel intensiver – Kinder und Jugendliche durch Schule und Alltag. Von klein auf lernen sie diese Geräte zu bedienen, häufig ausschließlich als Nutzer*innen. Mit den Coding- und Programmierkursen sollen die Kinder ein tieferes Verständnis für die dahintersteckende Technik bekommen. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche möglichst früh zu digitaler Souveränität zu erziehen und zu den Gestalter*innen der Technik von morgen zu machen. Dies ist umso entscheidender, je stärker die stattfindenden
Umwälzungen durch die fortschreitende Digitalisierung spürbar werden und bereits die heutige Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen. Die heutigen Schüler*innen werden auf einen völlig neuen Arbeitsmarkt treffen. Umso wichtiger ist es, den Kindern bereits am Anfang ihrer Bildungsbiografie die Erfahrung zu ermöglichen, dass sie Gestalter*innen sein können und nicht nur Konsument*innen in der digitalen Welt bleiben müssen.

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Der Mikrocontroller „Calliope mini“ erlaubt erste Erfahrungen mit der Programmierung. © Stephanie Justrie – Universität Koblenz

Aktuell startet an der Universität Koblenz eine neue Runde der sehr beliebten Coding- und Programmierkurse „RobertaLab“. Digitale Bildung und die Förderung eben jener Kompetenzen stehen dabei im Mittelpunkt, angefangen vom souveränen Umgang mit dem PC bis zum Einstieg in das Programmieren. Unter der Anleitung erfahrener Mentorinnen werden alle wichtigen und grundlegenden MINT-Kompetenzen spielerisch an 25 Schülerinnen der 5.-10. Klassen aus den umliegenden Schulen vermittelt. Dabei wird auch eine frei verfügbare graphische Programmierplattform genutzt, die einen einfachen Einstieg in die Programmierung auf Basis der grafischen Programmiersprache NEPO erlaubt. Damit können die Teilnehmerinnen beispielsweise den Mikrocontroller Calliope mini oder den EV3-Roboter von Lego Mindstorms programmieren.

Highlights werden sicherlich die abwechslungsreichen Missionen sein, die die Lego-Roberta auf dem (virtuellen) Mars navigieren lässt. Die Teilnehmerinnen werden sich darüber hinaus mit dem Weltraum und den Planeten des Sonnensystems, aber auch mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ auseinandersetzen

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Das RobertaLab bietet einen praktischen Einstieg in die Programmierung von Robotern. © Stephanie Justrie – Universität Koblenz

Doch nicht nur die Schülerinnen profitieren. In der Vergangenheit wurden gemeinsam mit der Universität Koblenz (Institut für Psychologie und dem Zentrum für Lehrerbildung) und dem Pädagogischen Landesinstitut in Rheinland-Pfalz zahlreiche Fortbildungen für Lehrkräfte und Lehramtsstudierende angeboten, in denen Programmierkenntnisse vermittelt wurden. Landesweit werden zudem an allen Projektstandorten kontinuierlich Studierende und vor allem Mentorinnen des Ada-Lovelace-Projekts weiterqualifiziert, um die Kurse in den jeweiligen Open Roberta Coding Hubs anbieten zu können. Über die vergangenen Jahre konnten so mehrere hundert Studentinnen als Roberta-Teacher und Scouts ausgebildet werden. Nicht wenige der Mentorinnen gehen nach Ende ihres Studiums in den Schuldienst und tragen über ihren gendersensibilisierten MINT-Unterricht die Idee des Ada-Lovelace-Projekts über viele Schüler*innengenerationen weiter.

Weiterführende Informationen

Justrie - Lamarr Institute for Machine Learning (ML) and Artificial Intelligence (AI)
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zum Profil

Stephanie Justrie

Stephanie Justrie ist Diplom Pädagogin und Leiterin des Ada-Lovelace-Projekts an der Universität Koblenz. Als Projektleiterin ist sie verantwortlich für die Koordination der Projektaktivitäten am Standort der Universität Koblenz. Dazu gehören unter anderem die Akquise, Ausbildung, Begleitung und Beratung der Mentorinnen. Zudem engagiert sich Frau Justrie für eine stärkere Vernetzung mit schulischen und außerschulischen Projektpartner:innen und eine größere Sichtbarkeit des Ada-Lovelace-Projekts in der Öffentlichkeit.

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