(K)eine Meinung zu Künstlicher Intelligenz? Die Bevölkerungsmeinung zu KI

Autor*in:
Dr.
Esther
Laukötter

Vorausgesetzt wird oft, dass sich Menschen auch außerhalb des fachlichen Diskurses mit Technologien wie Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen und sich dafür grundsätzlich interessieren. Um gesellschaftsweite Beachtung zu finden, müssen diese Themen jedoch erst eine gewisse Aufmerksamkeitsschwelle überschreiten. Denn trotz täglichen hitzigen Debatten, beispielsweise in sozialen Medien, schafft es längst nicht jedes Thema, genug Aufmerksamkeit zu erhalten, um gesellschaftsweit diskutiert zu werden. Gibt es also wirklich eine breite öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema KI? Dieser Frage widmet sich der Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz (MeMo:KI) mit seinem neuen Daten-Dashboard.

Interesse für Künstliche Intelligenz in der Bevölkerung

Einschätzungen und Meinungen zum Thema Künstliche Intelligenz vermessen Forschende der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in einer Forschungspartnerschaft mit dem Center for Advanced Internet Studies in Bochum (CAIS). Um die Entwicklung der öffentlichen Aufmerksamkeit für KI und ihre Rolle in öffentlichen Debatten zu prüfen, befragt das Forschungsteam rund um Prof. Frank Marcinkowski seit 2021 jeden Monat 1.000 Menschen über 18 Jahren zu Ihren Einstellungen rund um Künstliche Intelligenz. Die Daten werden übersichtlich aufbereitet und visualisiert im interaktiven Online-Dashboard dargestellt.

Die Ergebnisse des Meinungsmonitors zeigen, dass sich die Befragten eher uninteressiert an dem Thema Künstliche Intelligenz zeigen. Gefragt wurde auch danach, wie häufig die Menschen im letzten Monat Beiträge über Künstliche Intelligenz in einer Tages- oder Wochenzeitung oder in Blogs und Online-Magazinen gelesen, im Fernsehen gesehen oder im Radio gehört haben. Schaut man sich die Antworten an, wird deutlich, warum Messungen über einen Zeitraum aufschlussreich sind: Im Dezember 2022 haben 30,8 Prozent mindestens einmal pro Woche einen Beitrag über KI in den Medien wahrgenommen. Dieser Wert steigt im Januar auf 35,5 Prozent, was sich zum Beispiel über den Hype um ChatGPT erklären lassen könnte. Eine weitere Frage gibt Aufschluss über das subjektiv eingeschätzte Wissen über KI: Um die 30 Prozent der Befragten kommen im Zeitverlauf zu negativen Einschätzungen ihres Wissenstands zu KI. Weitere circa 20 Prozent sind im Zeitverlauf durchaus selbstbewusster und schätzen ihr eigenes Wissen positiv ein.

Bevölkerungseinstellungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz

An welche Anwendungsbereiche denken Sie im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz? Die Forscher*innen fragen jeden Monat 1.000 Menschen danach, inwieweit sie eher für oder gegen den Einsatz von KI in Finanzinstituten, Gesundheitswesen, in der industriellen Produktion, im Verkehr, persönlichen Alltag, in der Schule oder öffentlichen Verwaltung, bei politischen Entscheidungen, vor Gericht, Sicherheitsbehörden und neuerdings auch bei Landstreitkräften, Luftwaffe und Marine sowie Geheim- und Nachrichtendiensten sind.

Künstliche Intelligenz trifft in der industriellen Produktion, im Verkehr, im Bildungswesen und in der Medizin eher auf Zustimmung in der Bevölkerung. Der Einsatz von KI in Banken, Versicherungen, bei der Polizei und Justiz wird hingegen von der Mehrheit eher abgelehnt.

© MeMo:KI
Damit es den Besucher*innen erleichtert wird, die Zustimmungswerte zu den erwünschten Anwendungsbereichen besser ablesen zu können, gibt es im Dashboard die Möglichkeit, sogenannte „Top-Boxes“ anzuzeigen, die zusammenfassen, wie viel Prozent der Befragten eher zustimmend antworten. Für diejenigen, die sich mit den statistischen Bezeichnungen weniger gut auskennen, findet sich auf der Webseite ein Begriffsglossar und eine kleine visuelle Anleitung zum Dashboard.

Ein spannendes Ergebnis zeigt sich darin, dass Menschen grundsätzlich eher ambivalente Einstellungen zeigen (circa 50 %), aber mehr Befürworter*innen als Ablehnende in den Anwendungsbereichen vorhanden sind.

© MeMo:KI
Um ein noch genaueres Bild über die Befürwortung und Ablehnung aller Anwendungsfelder zu erhalten, zeigt das Dashboard auch eine Zusammenfassung, wie viele Menschen in der Mehrheit (das heißt mindestens in 6 von 10) der Bereiche den KI-Einsatz befürworten oder ablehnen

Kann Künstliche Intelligenz die großen Probleme lösen?

Neben den Einschätzungen zur Erwünschtheit der Anwendungsbereiche finden sich weitere Bereiche, über welche die Befragten Auskunft gegeben haben und die im Dashboard im Zeitverlauf angezeigt werden können. Sie vermuten, dass junge Menschen eher positiv gegenüber KI eingestellt sind? Das können Sie leicht selbst prüfen, indem Sie sich durch die vertiefenden Analysen des Dashboards klicken. Sie sind auf interessante Ergebnisse gestoßen, die Sie gerne mit anderen Menschen teilen möchten? Die Grafiken im Dashboard können heruntergeladen werden und zum Beispiel in sozialen Netzwerken geteilt werden.

Aktuell sind auch die Ergebnisse der Befragung zur Problemlösungsfähigkeit von KI sehr spannend. Hier lassen sich Erwartungen der Menschen ableiten, die sie mit der Technologie im Umgang in Krisenzeiten verbinden. Knapp die Hälfte der Befragten gehen davon aus, dass mittels KI die Auswirkungen von Naturkatastrophen begrenzt werden können.

© MeMo:KI
Einschätzung der Bevölkerung der Problemlösungsfähigkeit von KI, Krisen wie den Klimawandel oder die Auswirkungen von Naturkatastrophen zu begrenzen.

Etwas geringer ist der Glaube an die Fähigkeit von KI, Probleme im Zusammenhang mit der Corona-Krise, der Steuerung von Fluchtbewegungen oder in der Bildungsgerechtigkeit zu lösen. Die geringste Hoffnung in die Technologie besteht in der Verringerung der sozialen Kluft zwischen Arm und Reich – nur weniger als 20 Prozent der Bevölkerung sind dieser Überzeugung.

Warum ist die öffentliche Meinung zu Künstlicher Intelligenz wichtig?

Menschen in Entscheidungspositionen tendieren dazu, zur Stärkung ihrer Position einen persönlichen Eindruck „der öffentlichen Meinung“ heranzuziehen. Das kann folgenreiche Entwicklungen für den Einsatz und die Gestaltung von KI haben, etwa wenn basierend auf einem Gefühl zur Bevölkerungsmeinung öffentliche Gelder für die Förderung von KI-Forschung oder Weiterbildungsangebote für Bürger*innen ausgegeben werden. Der Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz (MeMo:KI) liefert als Gegenentwurf zu anekdotischem Wissen eine Datenbasis. Entscheidungsträger*innen profitieren von den Daten, da sie ihre Entscheidungen an belastbaren Urteilen der Bevölkerung ausrichten können.

Auch für Journalist*innen liefen die Daten einen Mehrwert: Sie können in Artikeln zu Themen rund um KI die Stimme der Bevölkerung integrieren. Journalist*innen können ihre Berichterstattung mit Zahlen und Fakten untermauern und müssen nicht auf Mutmaßungen zurückgreifen. Ziel des Projekts ist damit die freien verfügbaren Informationen der Ergebnisse für eine breite, interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Zum Projekt

MeMo:KI ist eine Forschungspartnerschaft zwischen dem Center for Advanced Internet Studies in Bochum und der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und wird durch die Stiftung Mercator gefördert. Im Projekt werden die öffentliche und veröffentlichte Meinung zum Thema KI erfasst. Dazu werden drei Datenquellen herangezogen:

  1. Eine monatlich stattfindende Bevölkerungsbefragung von 1.000 zufällig ausgewählten Bürger*innen.
  2. Die Analyse der reichweitenstärksten Print- und Onlinemedien zum Thema Künstliche Intelligenz.
  3. Die vorgestellte Twitter-Kommunikation.

Alle Ergebnisse stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung und werden in einem Dashboard sowie in interaktiven Grafiken aufgearbeitet. Nutzer*innen können sich selbst anschauen, wie die Diskussion über Künstliche Intelligenz in der Bevölkerung, den Print- und Online-Medien sowie in den sozialen Online-Netzwerken geführt wird.

© MeMo:KI

Autor*in

Dr.
Esther
Laukötter

Dr. Esther Laukötter ist Referentin für Wissenschaftskommunikation und für die Pressearbeit am CAIS zuständig. Sie ist Ansprechpartnerin für Journalist*innen und plant, konzipiert und setzt Formate der Wissenschaftskommunikation um. Bis Januar 2022 hat Esther Laukötter die Wissenschaftskommunikation im Projekt Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz (MeMo:KI) verantwortet. Ihre Stelle wurde finanziert durch die Stiftung Mercator. Zuvor hat sie zu Wissenschaftskommunikation geforscht, publiziert sowie zu Themen der strategischen Kommunikation gelehrt und berufspraktische Erfahrungen in verschiedenen PR-Agenturen gesammelt.