Für viele Wissenschaftler*innen ist das Strukturieren und Verschriftlichen neu erlernter Konzepte ein wichtiger Bestandteil des Forschungsprozesses. Zum einen dienen diese Notizen als Referenzmaterial, wenn das Wissen später erneut gebraucht wird. Zum anderen können gut strukturierte Notizen dabei helfen, neue Verbindungen zwischen verschiedenen Konzepten zu knüpfen und so neue Erkenntnisse zu gewinnen. Im zweiten Teil der Blogserie „Wissenschaftliches Arbeiten leicht gemacht“ haben wir Methoden und Tools von Lamarr-Forschenden gesammelt, welche Euch helfen, den Gedankenprozess mittels effizienter Notizen zu strukturieren und zu organisieren.
Wissen verinnerlichen durch das Anlegen von Notizen
Beim Lesen von Forschungsartikeln finden es einige der von uns befragten Wissenschaftler*innen im Lamarr-Institut sehr vorteilhaft, „mit dem Material zu arbeiten, anstatt es nur zu lesen“. Dazu gehört, dass sie wichtige Passagen der Artikel farblich markieren, manchmal mit verschiedenen Farben, um unterschiedliche semantische Konzepte zu trennen. Ebenfalls werden oft Gedanken an den Rand des Artikels geschrieben oder Schlüsselkonzepte in eigenen Worten zusammengefasst. Eine beliebte Methode, um Wissen aus verschiedenen Quellen in einer übergreifenden Hierarchie zusammenzufassen, ist die Erstellung einer Mindmap.
Mit Mindmaps können wir visualisieren, wie verschiedene Konzepte miteinander in Beziehung stehen. Sie dienen als Mittel, um komplexe, miteinander in Beziehung stehende sowie neuartige Konzepte verständlich zu machen. Ihre hierarchische Struktur kann auch bei der klaren Definition von Unterkonzepten helfen, welche einzeln vertieft werden können.
Für einige der von uns befragten Forscher*innen ist die Strukturierung von Wissen und Ideen in schriftlicher Form ebenfalls sehr nützlich. Ob es darum geht, Schlüsselkonzepte von Artikeln zusammenzufassen, Überblicksnotizen zu neuen Themen zu verfassen, oder eine Idee kurz, prägnant und präzise zu formulieren – das Anfertigen von Notizen ist im Alltag unserer Lamarr-Forscherinnen unerlässlich.
Da mathematische Gleichungen, Diagramme und (Pseudo-)Code verschiedene Formen von Informationen sind, die beim Maschinellen Lernen häufig auftreten, ist es wichtig, dass die verwendeten Notizentools diese Arten von Ressourcen unterstützen. Beliebte Tools sind Overleaf, ein Online-LaTeX-Editor, der das Einfügen mathematischer Notationen erleichtert, Evernote, ein Tool, mit dem Rich-Text-Notizen zwischen verschiedenen Geräten synchronisiert werden können, sowie Notion, welches Evernote ähnelt und über seine Freigabefunktion von Notizen zur Zusammenarbeit einlädt. Wie Ihr Eure Notizen strukturiert und wie ausführlich Ihr sie schreiben wollt, bleibt Euch überlassen. Unserer Erfahrung nach gilt jedoch nach wie vor das gleiche Konzept wie in dem vorangegangenen Blogbeitrag über die effiziente Literaturrecherche: Keep it simple and straightforward (KISS)! Es besteht keine Notwendigkeit, das Notizsystem von Anfang an unnötig zu formalisieren und zu verkomplizieren. Tools wie Notion und Evernote ermöglichen es, mit der Zeit ein System zu entwickeln, mit dem Ihr Euch wohl fühlt.
Zettelkasten: Ein „zweites Gehirn“ aufbauen
Eine neuartige Methode zur Aufnahme und Organisation von Forschungsnotizen, die in letzter Zeit an Popularität gewonnen hat, ist der sogenannte Zettelkasten. Das Konzept wurde von dem deutschen Soziologen Niklas Luhmann bekannt und populär gemacht. Laut Luhmann erlaubte ihm das Zettelkasten-Prinzip effizient neue Verbindungen zwischen seinen Notizen zu knüpfen und das Schreiben von Texten und Büchern produktiver zu gestalten. Ein Zettelkasten wird manchmal auch als zweites Gehirn bezeichnet, da es ermöglicht, Ideen und Gedanken extern zu speichern und diese leicht miteinander zu verknüpfen, um neue Konzepte und Verbindungen zwischen Gedanken zu bilden. Luhmanns Zettelkasten wird derzeit digitalisiert und hier zur Verfügung gestellt.
Jede Notiz in dem System soll eine einzelne Idee, einen Gedanken oder ein Konzept darstellen. Diese Notizen werden dann implizit in einer Hierarchie angeordnet, indem sie mit anderen „verlinkt“ werden. In der analogen Welt bedeutet das, dass Nummern und Hierarchieebenen in die oberen Ecken der Notiz geschrieben werden.
Während die Verwaltung eines so großen Systems von Papierschnipseln eine gewaltige Aufgabe ist, gibt es heutzutage zwei beliebte digitale Tools, die dieses Konzept umsetzen: Roam Research und Obsidian. Beide folgen der Idee, Informationen so zu verknüpfen, wie wir es aus dem Internet gewohnt sind, nämlich über Hyperlinks. Sie können über einen Link auf eine andere digitale Notiz oder sogar auf bestimmte Teile der Notiz, wie Überschriften, verweisen. Dadurch wird der digitale Zettelkasten flexibel und erweiterbar, je nachdem, wie viele Informationen Ihr auf Euren Zetteln haben möchtet, welche Art von Zetteln Ihr nützlich findet und so weiter. Da es sich bei den Notizen um digitale Dokumente handelt, schlagen beide Tools auch automatisch vor, bestimmte Notizen auf der Grundlage des Vorkommens und der Häufigkeit bestimmter Wörter und Phrasen zu verknüpfen. Auf diese Weise entsteht in Eurem zweiten Gehirn fast automatisch ein Netz aus Notizen, welches Euch auf neue Ideen bringt und Euch hilft, die Notizen Eurer Recherche auf unerwartete und fruchtbare Weise zu organisieren und zu überdenken.
Zeitmanagement für effiziente Forschung
Natürlich erforderten das sorgfältige Erstellen und Pflegen von Notizen eine gewisse Zeit, egal wie einfach das System auch sein mag. Um die Zeit, die Dir am Tag zur Verfügung steht, optimal zu nutzen, gibt es bestimmte Konzepte und Hilfsmittel, die dabei helfen, den Überblick über anstehende Aufgaben zu behalten und die Zeit nicht unüberlegt zu verbringen. Im nächsten Blog-Beitrag dieser Reihe werden wir Tipps und Hilfsmittel für das Zeitmanagement und das Priorisieren von Aufgaben behandeln.