Mein Freund, der Roboter – Kann man Freundschaft programmieren?

|Eine Gruppe Freunde mit einem Roboter in ihrer Mitte.|||
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Freundschaften mit Maschinen sind ein wiederkehrendes Thema in Literatur und Popkultur. Schon Mitte des 20. Jahrhunderts beschrieb Isaac Asimov eine Freundschaft zwischen dem Mädchen Gloria und seinem Betreuungs-Roboter Robbie, und kürzlich entwarf auch der Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro mit der „Künstlichen Freundin“ Klara ein ähnliches Szenario. Allerdings sind künstliche Freundschaften mehr als Science-Fiction: Eine der Pionierinnen der Sozialen Robotik, die MIT-Professorin Cynthia Breazeal, vertrat bereits vor zwanzig Jahren die Ansicht, dass wir mit Robotern befreundet sein können; und tatsächlich existieren mittlerweile kommerzielle Freundschafts-Bots, sogenannte „Artificial Companions“, die auf großes wissenschaftliches und mediales Interesse stoßen.

Künstliche Freundschaften sind keineswegs so abwegig, wie es zunächst klingen mag. Die menschliche Neigung zur Anthropomorphisierung von Maschinen, also der Zuschreibung menschlicher Eigenschaften, ist vielfach belegt. Wir alle haben schon einmal einem abgestürzten Computer gut zugeredet oder einem altersschwachen Auto mit der Verschrottung gedroht. Bereits minimale Reize führen dazu, dass wir unbelebte Objekte vermenschlichen. Das gilt umso mehr für Roboter, die gezielt menschliches Aussehen und Verhalten imitieren: Beispielsweise sind viele Menschen gewillt, einem Roboter intime Aspekte ihres Lebens anzuvertrauen. Es gibt unzählige Studien, die belegen, dass Menschen Mitleid mit Robotern haben, sich um deren scheinbare Bedürfnisse kümmern oder ihnen Humor zuschreiben. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass einige Menschen ihre Roboter als Freunde betrachten: Sie schwärmen von der Fürsorglichkeit ihrer virtuellen Freundin oder versichern, sich ein Leben ohne ihren Roboter nicht mehr vorstellen zu können.

Sind Roboter die besseren Freunde?

Solche Forschungsergebnisse haben auch eine ethische Dimension. Aristoteles ging davon aus, dass Freundschaften notwendiger Bestandteil eines glücklichen Lebens sind, und auch empirische Untersuchungen zeigen, dass enge soziale Beziehungen in hohem Maße zur persönlichen Lebenszufriedenheit beitragen. Einsamkeit hingegen wirkt sich negativ auf die körperliche und mentale Gesundheit aus. Erstaunlicherweise kann auch die Interaktion mit einem Roboter Gefühle von Einsamkeit reduzieren. Es scheint, als wären künstliche Freundschaften geeignet, die Lebensqualität zu steigern.

Mehr noch: Neue Technologien, insbesondere Künstliche Intelligenz (KI) in Form von Maschinellem Lernen, übertreffen den Menschen bereits heute in vielen Lebensbereichen. Können wir somit durch KI für jeden Menschen die ideale Freundin erschaffen? Auf den ersten Blick spricht vieles dafür: Roboter plaudern keine Geheimnisse aus und sind stets verfügbar. Sie sind niemals ungeduldig oder durch eigene Sorgen abgelenkt. Anstatt mühsam nach einer Seelenverwandten zu suchen, lässt sich die „Persönlichkeit“ eines Roboters beliebig an den eigenen Charakter anpassen. Und tatsächlich ziehen einige Menschen die Interaktion mit einem Roboter zwischenmenschlichen Bindungen vor.

Zwischenmenschliche Freundschaften sind wertvoll

Andererseits: Eine Welt, in der keinerlei zwischenmenschliche Freundschaften existieren und wir unsere Zeit ausschließlich mit Roboterfreunden verbringen, klingt wenig verheißungsvoll. Was haben zwischenmenschliche Freundschaften, das künstlichen Freundschaften fehlt? Die Antwort ergibt sich aus dem Wert freundschaftlicher Beziehungen: Freundschaften sind an sich wertvoll, weil wir uns in Freundschaften moralisch verhalten. Wir bringen einer Freundin nicht deshalb Unterstützung entgegen, weil es uns selbst nützt, sondern weil wir ihr Gutes wünschen und unsere Interessen mitunter den ihrigen unterordnen. Gleichzeitig sind Freundschaften immer auch für uns selbst wertvoll, weil sie einen gewissen Zweck erfüllen. Beispielsweise können wir mit unseren Freundinnen gemeinsamen Hobbys nachgehen, sie helfen uns beim Umzug und geben uns das Gefühl, liebenswert zu sein.

Auch ein Roboterfreund ist nützlich. Er kann uns (scheinbar) zuhören, Trost spenden, zum Lachen bringen und eines Tages vielleicht sogar beim Umzug helfen. Das, was Freundschaften an sich wertvoll macht, geht in künstlichen Freundschaften allerdings verloren, da eine solche Beziehung zwangsläufig nur den eigenen Interessen dient. Das ist zunächst nichts Außergewöhnliches, auch Aristoteles beschreibt Freundschaften, die nur deswegen andauern, weil die Freundinnen einen gewissen Nutzen aus ihrer Beziehung ziehen. Doch selbst solche Nutzenfreundschaften sind mit Robotern unmöglich: Denn ein zentrales Merkmal von Freundschaften ist die Gegenseitigkeit. Jeder, der schon einmal unglücklich verliebt war, weiß: Liebe bleibt Liebe, auch wenn sie nicht erwidert wird. Freundschaft hingegen kann niemals einseitig sein. Man kann einen Roboter zwar mögen, ihm intime Geheimnisse erzählen, sich um ihn kümmern und sogar empathisch auf ihn reagieren. Doch solange keine starke KI mit Emotionen und Bewusstsein existiert, werden Roboter freundschaftliches Verhalten lediglich simulieren können.

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Die Illusion von Freundschaft

Kehren wir noch einmal zur Anthropomorphisierung zurück. Schließlich wissen wir genau, dass kein Computer uns etwas Böses will, und trotzdem betteln wir, dass er doch bitte wieder auf unsere Tastatureingaben reagieren möge. In der Medienpsychologie wird angenommen, dass die Vermenschlichung unbelebter Objekte ein unwillkürlicher Prozess ist, gegen den wir weitgehend machtlos sind. Entsprechend leicht dürfte es fallen, sich – wider besseres Wissen – auf die Freundschaftssimulation eines Roboters einzulassen. Zwar ist dann eine gewisse Selbsttäuschung im Spiel, schließlich wollen wir tatsächlich gemocht werden, nicht bloß fälschlicherweise daran glauben. Aber was spricht eigentlich dagegen, sich der Illusion von Freundschaft hinzugeben, wenn es sich doch gut anfühlt?

Vielleicht, dass sich künstliche Freundschaften zu gut anfühlen. In zwischenmenschlichen Freundschaften lernen wir, die eigenen Bedürfnisse auch einmal hintanzustellen, Kompromisse einzugehen und Konflikte auszutragen. Beispielsweise ist die Kritik einer engen Freundin Anlass, sich selbst und das eigene Verhalten zu hinterfragen. Das kann anstrengend sein, doch lernen wir dadurch eine Menge über uns selbst und über andere. Künstliche Freunde hingegen unterliegen den kommerziellen Interessen des Herstellers, der die Interaktion mit seinem Produkt so angenehm wie möglich gestalten möchte. Solch eine konfliktfreie, ausschließlich an den eigenen Bedürfnissen ausgerichtete künstliche Freundschaft könnte zwischenmenschliche Freundschaften im Vergleich dazu weniger erstrebenswert erscheinen lassen.

Künstliche Freundschaften bergen Risiken

Damit die Vorzüge einer künstlichen Freundschaft nicht ins Gegenteil umschlagen, bedarf es einer Regulation der Herstellerfirmen. Die bedingungslose Wertschätzung durch einen Roboterfreund birgt die Gefahr, psychisch abhängig zu machen und soziale Isolation zu verstärken. Insbesondere vulnerable Personen müssen davor geschützt werden, zu tief in die Illusion abzugleiten, auf der künstliche Freundschaften beruhen. Keinesfalls darf die menschliche Neigung zur Anthropomorphisierung zugunsten kommerzieller Interessen eines Unternehmens oder der Sicherheitsagenda einer Regierung ausgenutzt werden.

Unsere Freund*innen wollen unser Bestes. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dies auch für künstliche Freundschaften gilt.

Wie eine künstliche Freundschaft aussehen kann, zeigt dieses Video:

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Sara Mann

Sara Mann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Explainable Intelligent Systems an der TU Dortmund. Sie promoviert zu epistemologischen und wissenschaftstheoretischen Aspekten erklärbarer künstlicher Intelligenz.

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